Es kommt immer häufiger vor, dass Menschen ihren Hund als Familienersatz, Freund, oder gar „Lebenspartner“ sehen.
Im Großen und Ganzen ist da ja auch nichts gegen einzuwenden.
Wird der Hund dann immer noch als Hund verstanden und so behandelt, kann so eine Beziehung sicher etwas ganz Großes sein.
Wer meine Rajah kannte weiß, dass ich sie immer als meine Freundin bezeichnet habe. Sie war immer ganz eng bei mir und wir haben uns (gerade zum Schluß) bedingungslos geliebt.
Dieser Hund hat mich durch die schlimmsten Zeiten meines Lebens geduldig begleitet. Sie hat es ertragen, wenn es mir schlecht ging und war geduldig, wenn ich wenig Zeit für sie hatte.
Sie war immer für mich da.
Jetzt könnt ihr euch sicher denken, (zumindest die, die mich kennen) dass das ein „aber“ hat.
Ich habe Rajah mit 9 Wochen in einer „Hauruckaktion“ aus dem Harz geholt.
Klar kannte ich Hütehunde 😉 .. ich habe mich damals noch nicht mit dem Unterschied der einzelnen Hütehundrassen befasst. „Koppelgebrauchshund“ „Hütehund“ „Treibhund“.. is sicher alles ähnlich… dachte ich.
Und nun begann mein langer, harter Weg in dem ich einem Hund, der dafür gezüchtet ist autark zu arbeiten. Und zwar mit Rindern.
Dieser relativ kleine Hund muss in Australien in den Outbacks 1000kg schwere Bullen davon überzeugen, dass sie sich gefälligst vorwärts bewegen sollen, wenn er das sagt.
So einem Hund dann zu sagen, dass er bitte nicht den Jogger in die Beine zwickt und, dass ich meinem Pferd sehr wohl selber sagen kann, wann es schneller gehen soll. Dass ich ruhig langsam machen kann beim Joggingsachen anziehen ohne gezwickt zu werden… etcetc
Das war schon eine Aufgabe.
Ähnlich problematisch war es bei meinem Hollandse Herder, der eben nicht jeden rein liess, wenn wir nicht dabei waren oder jetzt mit meiner Altdeutschen Hütehündin, die in der Pubertät auch eine einzige, nicht ganz ungefährliche Baustelle war.
Warum erzähle ich das? Wie passt das zum Thema?
Ganz einfach:
Habe ich eine Freund, einen menschlichen Freund, ist der alleine für sein Handeln verantwortlich.
Natürlich kann ich ihm Ratschläge geben und ihm sagen was ich doof finde, aber letztendlich entscheidet er immer für sich und sein Leben.
Benimmt mein Hund sich daneben, dann bin alleine ICH dafür verantwortlich und muss dafür gerade stehen.
Was, wenn ich versäume zu erziehen und mein Hund verursacht einen Autounfall, bei dem Menschen ums Leben kommen?
Ja, schön, dass der Hund immer tun konnte was er wollte 🙁
In dem Fall gibt es 2 Varianten. Entweder der Hund bleibt, weil man einfach nicht in der Lage ist Stellung zu beziehen, sein Leben lang an der Leine (Für mich keine Option)
Oder man gefährdet tagtäglich seine Umwelt (noch weniger tolerabel)
Stellt sich mir die Frage, warum viele Menschen die Fähigkeit, einen Hund klar zu führen, verloren haben.
Letztendlich ist es ja auch ein wichtiger Bestandteil in der Erziehung unserer Kinder, dass man manchmal verbietet und, dass sie manchmal auch Dinge tun müssen, die sie gerade nicht tun möchten.
Wer hat schon Spaß an Hausaufgaben? Wer hilft schon gern im Haushalt?
Auch da muss ein gewisses Maß an Druck ausgeübt und auch ausgehalten werden.
Wer nun seinen Hund authentisch und artgerecht erziehen und anleiten möchte, bedient sich da sinnvollerweise der „Methoden“, die auch innerartlich eingesetzt werden.
Und siehe da, schon hat man einen entspannten Hund, der seine Grenzen und Regeln kennt.
Und genau das, und auch den Unterschied sehen wir in unserem Zusammenleben mit unseren Hunden und in unserer täglichen Arbeit mit Kundenhunden.
Und… um es mal auf den Punkt zu bringen: Wir Menschen haben den Wolf domestiziert. Seit 15000 wollten wir einen Weggefährten, der unsere Führung annimmt und nicht alleine seine Entscheidungen trifft.
Wir sind es unseren Hunden schuldig, dass wir sie freundlich, aber dennoch klar und deutlich führen.
Und wenn wir das können, haben wir es geschafft der Freund und Weggefährte unseres Hundes zu sein, den ER sich wünscht. Und nicht nur das, was wir gerne hätten.
Nach all den Jahren, den ich meine kleine Hundeschule habe, sehe ich wie unmenschlich und egoistisch es ist sich NICHT auf die Bedürfnisse des Hundes einzulassen sondern einfach nur sein menschliches Ding zu verfolgen.
Sie sind Hunde… und sie wollen es auch bleiben.
Liebe Grüße
Eure Andrea